In Kontrollzonen dürfen Drohnen bis 50 m AGL fliegen? Nein, so einfach ist es nicht — über Drohnenflüge in Kontrollzonen fliegen leider eine Menge falscher und veralteter Informationen durchs Netz, die im Zweifelsfall teuere Konsequenzen haben könnten.
Was ist eigentlich eine Kontrollzone?
Flughäfen und Drohnen passen nicht so richtig zusammen, auch wenn beide im engeren Sinne etwas mit Luftfahrt zu tun haben. Die Luftverkehrs-Ordnung unterscheidet in § 21h Abs. 3 Nr. 1 f. LuftVO zunächst zwischen Flugplätzen und Flughäfen:
- Bei Flugplätzen gilt ein Mindestabstand von 1,5 km von der Begrenzung des Flugplatzes (§ 21h Abs. 3 Nr. 1 LuftVO),
- bei Flughäfen wiederum ein Mindestabstand von einem Kilometern von der Begrenzung des Flughafens und zusätzlich ein Flugverbot „innerhalb einer seitlichen Entfernung von weniger als 1.000 m aller in beide An- und Abflugrichtungen um jeweils 5 Kilometer verlängerten Bahnmittellinien von Flughäfen“ (§ 21h Abs. 3 Nr. 2 LuftVO). Das schaut man sich sicherheitshalber auf einer entsprechenden Karte an, um nicht versehentlich im verbotenen Bereich zu fliegen.
Zusätzlich zu diesen Bereichen wird ein Flughafen im Gegensatz zu einem Flugplatz in der Regel von einer Kontrollzone umgeben. Vereinfacht dargestellt ist das Luftverkehrsaufkommen um einen Flughafen herum so groß, dass in diesem Bereich ein Fluglotse den Verkehr regelt, damit’s nicht knallt. Und in diesen Kontrollzonen herum haben Drohnen kraft § 21h Abs. 3 Nr. 9 LuftVO erst einmal nichts verloren.
Leider wabern zum Thema Kontrollzone eine Menge veralteter oder gänzlich falscher Informationen durch die Luft — beispielsweise dass in Kontrollzonen Drohnenflüge grundsätzlich bis 30 oder 50 m Flughöhe gestattet wären. Das ist in dieser vereinfachten Form definitiv falsch, für Drohnenflüge in Kontrollzonen ist auf jeden Fall eine Flugverkehrskontrollfreigabe im Sinne von § 21 Abs. 1 Nr. 5 LuftVO notwendig.
Richtig ist aber: Für viele (aber nicht alle!) Kontrollzonen existiert von der jeweiligen Flugsicherung eine Allgemeinverfügung, die unter Auflagen eine Flugverkehrskontrollfreigabe erteilt, so dass Drohnenflüge bis zu einer Flughöhe von 50 m über Grund möglich sind.
Die meisten deutschen Flughäfen werden von einer der drei folgenden Flugsicherungsorganisationen kontrolliert: Größere Flughäfen von der Deutschen Flugsicherung, kleinere oder Regionalflughäfen von der DFS Aviation Services oder Austro Control. Einige Flughäfen wie der Mannheim City Airport oder militärisch genutzte Flughafen sind davon ausgenommen und führen ihre meist überschaubare Flugsicherung selbst durch.
Allgemeinverfügungen für Drohnenflüge
Diese drei Flugsicherungsorganisationen haben jeweils eine eigene Allgemeinverfügung in den Nachrichten für Luftfahrer für den Betrieb von Drohnen in ihren Kontrollzonen veröffentlicht. Stand November 2024 sind das:
- Deutsche Flugsicherung: NfL 2023-1-2705
- DFS Aviation Services: NfL 2022-1-2670
- Austro Control: NfL 2024-1-3081
Nun ist es allerdings mitnichten so, dass diese Allgemeinverfügungen grundsätzlich Drohnenflüge bis zu einer Höhe von 50 m über Grund erlauben. Die Freigabe gilt nur dann als erteilt, wenn unter anderem das Flugplatzwetter am nächstgelegenen Verkehrsflughafen Flüge auf Sicht erlaubt, also eine Wolkenuntergrenze von mindestens 1.500 Fuß und eine Bodensicht von mindestens fünf Kilometern herrscht. Außerdem muss unter anderem VLOS eingehalten werden, also Sichtkontakt zur Drohne bestehen, es ist kein autonomer Betrieb möglich, was ja allerdings auch nicht so überraschend ist, denn diese Regeln gelten auch außerhalb von Kontrollzonen.
Ein regelmäßiger Blick auf das Flugplatzwetter offenbart, dass überraschend häufig keine Sichtflugbedingungen herrschen und damit selbst bei vermeintlich gutem Wetter die Drohnen am Boden bleiben müssen. Soll die Drohne beispielsweise die Hamburger Elbphilharmonie im morgendlichen Nebel der Elbe begutachten, so ist auf jeden Fall eine individuelle Flugverkehrskontrollfreigabe mit einer Sprechfunkverbindung zum Tower und allem drum und dran erforderlich, weil Nebel per Definition keine Flüge auf Sicht ermöglicht.
Die Allgemeinverfügungen der Deutschen Flugsicherung, DFS Aviation Services und Austro Control unterscheiden sich außerdem in weiteren Details, etwa ist der für Flüge verbotene Bereich rund um den Flughafen bei Austro Control etwas kleiner, während die Deutsche Flugsicherung noch einmal gesteigerten Wert auf den Hinweis legt, von Notarzteinsätzen Abstand zu halten. Ich kann nur empfehlen, vor einem Flug zunächst die jeweilige Allgemeinverfügung zu lesen und das jeweilige Flugplatzwetter abzufragen, beispielsweise bei METAR-TAF.
Und wen interessiert’s?
Durchaus berechtigte Frage: Wer interessiert sich eigentlich für Verstöße, wenn kaum jemand um die ganzen Details mit Sichtflugbedingungen weiß? Die Strafen für Verstöße sind durchaus ansehnlich: Bei einer niedrigen Hauptwolkenuntergrenze gilt die Flugverkehrskontrollfreigabe als nicht erteilt, ein Drohnenflug in einer Kontrollzone wäre demnach ein Verstoß gegen § 21h LuftVO, der mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro bewehrt ist. Entsteht aus einem nicht genehmigten Flug in einer Kontrollzone sogar ein gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr (§ 315 StGB), so ist plötzlich von bis zu zehn Jahren Gefängnis die Rede.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Für einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr, der eine Gefängnisstrafe nach sich zieht, muss schon eine ganze Menge passieren, da reicht der Versuch von einigen Fotos der nebelumschlungenen Elphi kaum aus. In der Praxis, so lässt mich die Vielzahl an Drohnenfotos in gesellschaftlichen Netzwerken vermuten, die offensichtlich innerhalb von Kontrollzonen, aber nicht bei Sichtflugbedingungen entstanden sind, passiert exakt: Nichts.
Darf’s ein bisschen mehr sein?
Wenn die Drohne höher als 50 m über Grund fliegen soll, ist tatsächlich eine Flugverkehrskontrollfreigabe erforderlich, die über die Allgemeinverfügung hinausgeht. Bei der DFS kann online ein Antrag gestellt werden, nach Möglichkeit mindestens zwei Wochen vor dem geplanten Flug.
Unmittelbar vor dem Drohnenflug ist eine telefonische Anmeldung beim Tower erforderlich, direkt nach dem Landen wir oder Flug telefonisch wieder abgemeldet. Alle Details stehen noch einmal genau in einer E-Mail, die nach der Antragstellung versandt wird.
Bei Flughäfen, die von AustroControl kontrolliert werden, kommt Dronespace zum Einsatz.
Auch diese Flugverkehrskontrollfreigabe wird vom Tower nur erteilt, wenn Sichtflugbedingungen herrschen. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, hat die Drohne Pech gehabt.
Warum nur bei Sichtflugbedingungen?
Dass die Gültigkeit der Allgemeinverfügungen an Sichtflugbedingungen gekoppelt ist, hat wohl einen einfachen Grund: Drohnen gelten im Sinne der europaweiten Regelungen als Luftfahrzeuge und Luftfahrzeuge müssen bei schlechten Sichtbedingungen nach Instrumenten geflogen werden.
Eine handelsübliche Drohne kann aber nicht nach Instrumenten geflogen werden — genausowenig wie viele kleinere Flugzeuge. Für den Betrieb eines „echten“ Flugzeuges nach Instrumentenflugregeln sind umfangreiche Voraussetzungen zu erfüllen, beispielsweise muss das Flugzeug mit den notwendigen Instrumenten ausgerüstet und für den IFR-Betrieb zugelassen sein, außerdem muss der Pilot im Besitz einer Instrumentenflugberechtigung sein.
Nun kann man natürlich immer noch argumentieren, dass eine Drohne in der Regel ohnehin nicht den Flugraum mit bemannter Luftfahrt teilt, denn die Drohne darf maximal 120 m hoch fliegen und bemannte Luftfahrt muss über bewohnten Gebieten in mindestens 300 m Höhe fliegen und abseits bewohnter Gebiete mindestens 150 m hoch, aber so oder so: Lasst es lieber bleiben.
Für Drohneneinsätze, die unabdingbar auch bei schlechter Witterung stattfinden müssen, gibt es immer noch die Variante der individuellen Luftverkehrskontrollfreigabe mit Funkverbindung — die ist aber entsprechend aufwändig und für den spontanen Einsatz eher nicht zweckmäßig.